Es hörte sich doch so verlockend an. Garantierte sieben Prozent für eine Immobilienbeteiligung; angeboten auf dem Grauen Kapitalmarkt.
Was nach der ersten, schnell verflogenen Euphorie bleibt, ist Frust. Zinsen gab es schon nach zwei Monaten nicht mehr. Dann kam der Insolvenzantrag.
Das bedeutet: Totalverlust für den Anleger.
Dass dieses Horrorszenario nicht der reinen Fantasie entspringt, wurde der Öffentlichkeit spätestens mit dem Betrugsfall rundum das Unternehmen P&R, das als Anbieter von Investitionen in Container auf dem Grauen Kapitalmarkt fungierte, klar. Betroffen sind insgesamt über 54.000 Anleger, die mehr als 2,5 Milliarden Euro in die angebotenen Anlagemöglichkeiten investierten.
Eigentlich ist es aber nur die Spitze des Eisbergs.
Denn schon lange vor dem P&R-Fiasko wurden Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt häufig von Pleiten, Pech und Pannen überschattet. Fairerweise soll nicht verschwiegen werden, dass einige Anleger allerdings auch recht hohe Gewinne einfahren konnten. Aber dies sind mehr oder weniger Ausnahmen, was wiederum für die Regel spricht.
Die Bundesregierung will jetzt ein neues Gesetzespaket beschließen, um die oft obskuren Finanzprodukte auf dem Grauen Kapitalmarkt schärfer kontrollieren zu können. Demnach soll zukünftig die Finanzaufsichtsbehörde BaFin entsprechende Vermögensanlagen beschränken und sogar komplett verbieten dürfen, sofern der Anlegerschutz bedroht sein sollte.
Bisher hat die BaFin allerdings die Meinung vertreten, dass der Graue Kapitalmarkt durchaus eine Berechtigung im Wirtschafts- und Finanzsystem hat. Was Sie über Investitionen bzw. Vermögensanlagen auf dem Grauen Kapitalmarkt wissen müssen, erfahren Sie im Folgenden.
Als Grauer Kapitalmarkt wird der Teil des Kapitalmarkts bezeichnet, der zwar noch legal, dabei aber unreguliert ist. Das bedeutet, dass in diesem Bereich keine staatliche Aufsicht erfolgt. Es müssen daher seitens der Anbieter von Finanzprodukten nur sehr wenige bis überhaupt keine gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Zudem benötigen am Grauen Kapitalmarkt agierende Unternehmen keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BaFin). Daher raten Finanzexperten auch zur besonderen Vorsicht, wenn Anleger in Produkte des Grauen Kapitalmarkts investieren.
Auch die Verbraucherzentrale warnt immer wieder vor solch dubiosen Angeboten auf dem Finanzmarkt. Verbraucher sollen sich vorher ausgiebig informieren. Aber trotz Warnungen der Verbraucherzentrale fallen Verbraucher immer wieder auf solche Angebote herein.
Grundsätzlich grenzt sich der Graue Kapitalmarkt im Hinblick auf die einzelnen Marktsegmente durch bestimmte Eigenschaften von dem Weißen sowie dem Schwarzen Kapitalmarkt ab. Die Unterteilung erfolgt dabei nach bestimmten Kriterien.
Dies ist der legale Kapitalmarkt, auf dem legal Trading und Vermögensanlage betrieben werden. Er umfasst alle Bankinstitute, Finanzdienstleister sowie Versicherungsunternehmen, die für ihr Wirken über eine entsprechende Erlaubnis des Gesetzgebers respektive der BaFin verfügen.
Diese Erlaubnis bezieht sich immer auf die jeweils aktuellen Aufsichtsgesetze, wie zum Beispiel das Kreditwesengesetz (KWG), das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sowie das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Alle auf dem weißen Kapitalmarkt agierenden Unternehmen und deren angebotenen Finanzprodukte unterstehen dabei einer stetig laufenden Aufsicht.
Als Anleger treffen Sie in diesem Markt auf Anbieter und Finanzprodukte, die für ihre Tätigkeiten keine BaFin-Erlaubnis benötigen. Das bedeutet also, dass sich hier keine Aufsicht um Geschäftsmodelle und Qualität der Finanzprodukte kümmert. Dies öffnet natürlich auch den schwarzen Schafen der Branche zahlreiche Möglichkeiten, um gezielt zum eigenen Vorteil zu agieren und zu betrügen.
Die Abgrenzung zwischen dem Grauen Kapitalmarkt und dem Schwarzen Kapitalmarkt ist hierbei nicht klar zu definieren, sodass der Übergang fließend ist. Auf der anderen Seite besteht allerdings durchaus eine Art Wechselwirkung oder auch Wechselbeziehung zum Weißen Kapitalmarkt. Werden nämlich Anbieter durch die Aufsicht und die Gesetze zu stark reguliert, weichen sie häufig auf Anlageangebote aus, die eben nicht erlaubnispflichtig sind.
Auf diesem Markt werden verbotene Geschäfte oder aber erlaubnispflichtige Geschäfte, für die der jeweilige Anbieter aber keine Erlaubnis durch die BaFin erhalten hat, abgewickelt.
Auf dem Schwarzen Kapitalmarkt getätigte Geschäfte sind demnach illegal. Die BaFin bekämpft den Schwarzen Kapitalmarkt und die beteiligten Anbieter überaus konsequent, um die Stabilität und die Integrität der deutschen Finanzplätze zu sichern. Zudem soll auf diese Weise ein umfassender Anleger- und Verbraucherschutz gewährleistet werden.
Der Graue Kapitalmarkt wird bevorzugt von zwei verschiedenen Unternehmensgruppen genutzt. Zum einen finden Sie hier kapitalschwache Unternehmen, die sich einen verbesserten Zugang zu dringend benötigtem Investorenkapital erhoffen. Laut BaFin handelt es hierbei um kleine und mittlere Unternehmen bzw. Anbieter von Finanzprodukten, die in der Regel nur den durch die Beaufsichtigung durch die BaFin entstehenden Kosten aus dem Weg gehen.
Zum anderen sind aber auch Produktanbieter auf dem Grauen Kapitalmarkt aktiv, die dubiose oder missbräuchliche Geschäftsmodelle aufweisen. Hierbei werden gezielt Vertriebsmethoden und Geschäftspraktiken gewählt, durch die ein Anbieter ohne Erlaubnis- und Prospektpflicht agieren kann und die darauf ausgelegt sind, an das Kapital der privaten Kleinanleger zu gelangen. Dieses Geld wird dann oftmals in hochriskante Geschäfte reinvestiert.
Diese Anbieter mit dubiosem Hintergrund bezeichnen ihre Angebote als Finanzprodukte. Das impliziert gerade für unerfahrene Anleger oder Einsteiger den Eindruck, dass es sich um identische oder zumindest ähnliche Finanzprodukte handelt, die auch auf den BaFin-kontrollierten Märkten gehandelt werden.
Aber auf dem Grauen Markt handelt es sich bei dem Begriff Finanzprodukte vielmehr um eine lediglich auf die vertriebliche Komponente abzielende Umschreibung. Denn Sie erwerben überhaupt kein bestehendes Produkt mit einem eigenen Wert.
Stattdessen verpflichten Sie sich als Anleger mit dem Erwerb einer nicht verbrieften Vermögensanlage, einen vertraglich fixierten Teil Ihres Vermögens bzw. Ihres Anlagekapitals einem Dritten zukommen und im Endeffekt auch verwalten zu lassen.
Dafür erhalten Sie vom jeweiligen Anbieter dann ein Renditeversprechen, das er später einlösen muss. Diesbezügliche Garantien gibt es allerdings keine. Daher basieren viele Anlagen auf dem Grauen Kapitalmarkt auch vornehmlich auf Vertrauen dem Anbieter von Finanzprodukten gegenüber.
Die Angebote der Unternehmen auf dem Grauen Kapitalmarkt weisen dabei in der Regel identische Merkmale und Eigenschaften auf. Im Folgenden finden Sie eine Aufzählung der typischen Attribute des Grauen Kapitalmarkts.
Eine genaue Definition mit einer klaren Abgrenzung seitens des Gesetzgebers oder der BaFin, welches Anlageprodukt dem Grauen Kapitalmarkt zuzuordnen ist, gibt es nicht. Daher werden völlig unterschiedliche Finanz- und Anlageprodukte zu diesem Finanzmarkt-Segment gezählt.
Allerdings weisen alle hier angebotenen Anlageprodukte laut der BaFin in der Regel eine spezielle Gemeinsamkeit auf. So werden auf dem Grauen Kapitalmarkt Produkte gehandelt bzw. angeboten, die Risikokapitalanlagen darstellen, die dabei aber nicht in Wertpapieren verbrieft sind.
Je nach Definition werden zudem auch folgende Anlageformen zum Grauen Kapitalmarkt gezählt:
Trotz der ganzen Kritik und dem eminent hohen Verlustrisiko unterstreichen andere Begriffsdefinitionen demgegenüber auch einen gewissen volkswirtschaftlichen Nutzen, der vom Grauen Kapitalmarkt ausgehen. Stellvertretend hierfür stehen diese Geschäfte:
Als Anleger sollten Sie sich bei einem Investment in die Finanzprodukte auf dem Grauen Kapitalmarkt stets im Klaren darüber sein, dass bei allen Aussichten auf lukrative Renditen ein überdurchschnittlich großes Verlustrisiko besteht.
Sogar der Totalverlust Ihres eingesetzten Kapitals ist keinesfalls ungewöhnlich in diesem Finanzmarkt-Bereich.
Markt-Experten und Verbraucherschützer verurteilen dabei zum Beispiel die häufig aufgeblähten Kaufpreise für Immobilien, die hohen Gewinn-Versprechen bei Termingeschäften oder auch den Verkauf von wertlosen Steinen als qualitativ hochwertige Edelsteine.
Unter besonderer Beobachtung auf dem Grauen Kapitalmarkt stehen vor allem die oft vertriebenen Genussrechte. Hierbei handelt es sich um eine bestimmte Form der Dauerschuldverhältnisse, wie es der Bundesgerichtshof in einer eigenen Definition formuliert.
Demnach begründen diese Dauerschuldverhältnisse keine gesellschaftlichen Mitgliedschaftsrechte, sondern beziehen sich lediglich auf den geldwerten Anspruch des jeweiligen Inhabers der Genussrechte. Da Sie als Anleger bei diesem Anlagemodell keine Stellung als Gesellschafter erhalten bzw. einnehmen, haben Sie als Inhaber der Genussrechte keine Kontroll- und Informationsrechte gegenüber dem Unternehmen als Emittenten (vgl. § 223 HGB).
Stattdessen ist es üblich, dass der Kapitalanleger eine gesellschafterähnliche Stellung einnimmt, die dann wiederum mit einem erhöhten Risiko einhergeht. Dabei vereinbart das emittierende Unternehmen mit dem jeweiligen Inhaber der Genussrechte sowohl eine Beteiligung an möglichen Unternehmensverlusten als auch einen Rangrücktritt im Liquidations- und Insolvenzfall.
Aus dieser Konstruktion lässt sich einfach erkennen, dass es beim Investieren in Genussrechte grundsätzlich um Kapitalanlagen geht, die mit einem unternehmerisch erhöhten Risiko belegt sind.
Häufig angeboten werden auch die so bezeichneten Nachrangdarlehen. Als Anleger geben Sie Unternehmen in diesem Fall Geld in Form eines Darlehens für die unterschiedlichsten Geschäftsideen. Für dieses Geld bekommen Sie im Gegenzug feste Zinsen versprochen.
Laufen die Geschäfte dann aber doch nicht wie gewünscht, laufen Sie Gefahr, dass Sie Ihr Geld komplett verlieren. Anleger, die ihre Investition dabei in Raten über mehrere Jahre zahlen, trifft es besonders schlimm. Auch wenn bereits längst klar ist, dass das Unternehmen keine Zinsen erwirtschaftet, müssen Sie weiterzahlen.
In der Öffentlichkeit und auch in Anlegerkreisen wird der Graue Kapitalmarkt laut einer Studie aus dem Jahr 2017 zwar zwiespältig betrachtet, aber nicht zwingend mit Anlage- und Finanzkriminalität in Verbindung gebracht.
Vielmehr steht stets das erhöhte Risiko im Vergleich zur Gewinnerwartung im Fokus. Ganz anders sieht dies das Bundeskriminalamt. Es weist explizit darauf hin, dass dieses Marktsegment in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Betrug, Täuschungen und ähnlichen kriminellen Aktivitäten steht.
Die BaFin führt diesbezüglich dagegen den legalen Status des Grauen Finanzmarkts an und hebt deutlich hervor, dass das Produktangebot keinen regulatorischen Missstand verkörpere. Die Aufsichtsbehörde bezeichnet die Produktauswahl dabei als ein Ausdruck von Gewerbefreiheit und Privatautonomie.
Und genau dies seinen letztendlich fest verankerte privatwirtschaftliche Prinzipien. Somit stellen Geschäfte auf dem Grauen Kapitalmarkt auch vom Grundsatz her ein Normalfall in der Wirtschaftsordnung Deutschlands dar. Die Vorkommnisse in der Praxis mit Pleiten und Verlusten sprechen allerdings gegen diese Darstellung. Kommt das neue Gesetz, muss die BaFin hier massiv umdenken.
Das 2012 in Kraft getretene Graumarktgesetz bildet bislang die Basis für die Entscheidungsfindung von Anlegern, ob und in welche Produkte sie auf dem Grauen Kapitalmarkt investieren können. Die BaFin nimmt dabei eine besondere Rolle ein.
Denn die Aufsichtsbehörde verfolgt von vorneherein nicht das Ziel, den Grauen Kapitalmarkt zu bekämpfen. Im Zentrum der Bemühungen steht stattdessen immer die Verbesserung des kollektiven Verbraucherschutzes. Dadurch verspricht sich die BaFin ein allgemein größeres Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte, was dann gleichzeitig nachhaltig den Finanzplatz Deutschland schützt.
Es sollen diesbezüglich Rahmenbedingungen für die Anleger geschaffen werden respektive erhalten bleiben, die eine Anlage auf Grundlage von relevanten Produktinformationen sowie von individuellen Investitionsentscheidungen erlauben.
Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass nicht nur die Anbieter von Finanzprodukten in die Pflicht genommen werden. Auch die Anleger selbst sieht die BaFin in der Pflicht, die Verantwortung für die eigenen Investitionsentscheidungen auf dem Grauen Kapitalmarkt zu übernehmen.
Sämtliche Angebote sollten Sie immer sorgfältig prüfen. Wichtig ist, dass Sie die Verkaufsprospekte genau studieren. In diesen Prospekten finden Sie alle Informationen über das angebotene Finanzprodukt. Sind die Renditeversprechen nicht praxisnah nachvollziehbar, sollten sofort die Alarmglocken läuten.
Achten Sie zudem darauf, ob die Chancen und Risiken ausführlich und verständlich beschrieben sind. Risikohinweise sollten Sie dabei auf keinen Fall als formale Angabe von Vermittlern oder Unternehmen begreifen. Das Verlustrisiko ist in diesem Segment tatsächlich sehr hoch.
Es existieren auf dem Grauen Kapitalmarkt mitunter Angebote, bei denen Ihnen pro Jahr bis zu 30 Prozent Zinsen versprochen werden. Das geht aber überhaupt nicht. In der derzeitigen Niedrigzinsphase sind bereits Zinsen über zwei Prozent absolut unmöglich.
Daher können Sie bei Angeboten dieser Art von vorne herein von einer betrügerischen Offerte ausgehen. Mit Vorsicht zu genießen sind neben den zuvor bereits skizzierten Nachrangdarlehen und Genussrechten vor allem auch Investitionen in geschlossene Fonds. Hier besteht ein hohes Risiko des Totalverlustes, da Sie als Anleger in Höhe der Einlage haften.
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